Hermann Keller schrammt knapp am Gesamtsieg in Marokko vorbei

Der in Konstanz lebende Schomburger begab sich mit seinem Team „Embrace The World Cycling“ vom 15.-26.06 auf die Reise nach Marokko. Dort fanden im Raum um Agadir zuerst 3 Eintagesrennen der UCI Kategorie 1.2 (Klassifizierung des Radsportweltverbandes, Anm. der. Re.) und im Anschluss die 3-Tagesrundfahrt „Challenge International du Sahara Marocain“ der UCI Kategorie 2.2 statt. Am Start waren neben dem deutschen Team auch die Nationalmannschaft aus Marokko, Mauretanien und der Türkei, sowie weitere Mannschaften aus Spanien, Südafrika und Marokko.

Für Keller war dies der dritte Auslandseinsatz im aktuellen Jahr nachdem er bereits eine Rundfahrt in Marokko und Südafrika bestritt. Nach starken Auftritten mit Platzierungen auf dem Podest war der Wunsch auch mal ganz oben auf dem Treppchen zu stehen groß.

Direkt beim ersten Eintagesrennen gelang dem Unionsfahrer bei sehr starkem Seitenwind der Sprung in die Spitzengruppe mit einem Teamkollegen. Diese harmonierte gut, jedoch teilte sich die Gruppe nach zahlreichen Attacken. Keller konnte sich mit zwei Türken und einem Marokkaner vorne halten und nutzte eine technische Abfahrt kurz vor dem Ziel geschickt zur Attacke. Er setzte sich ab und konnte auch über die letzte Rampe zum Ziel einen Vorsprung von 6 Sekunden retten und feierte seinen ersten Saisonsieg als Solist dicht gefolgt von den zwei Türken und dem Marokkaner. „Mein Ziel war es hier einmal vorne reinzufahren. Das es dann direkt am ersten Tag in Unterzahl gegen die Türken mit einem Solosieg klappt ist natürlich ein Traum!“ Gab Keller zufrieden zu Protokoll.

Auch am zweiten Tag sah es lange gut aus, denn Keller war wieder Teil einer Spitzengruppe zusammen mit zwei Fahrern aus Südafrika und drei aus dem starken türkischen Team. Dem hohen Tempo fielen zwei der Türken zum Opfer, sodass nur vier Fahrer an der Sputze die letzten zwei Kilometer in Angriff nahmen. Die Südafrikaner ließen sich jedoch nicht überraschen und spielten ihre Überzahl geschickt aus und holten sich den Sieg. Keller musste nach einem spannenden Finale auch noch den Türken passieren lassen und fuhr auf den dritten Platz.

Das dritte Rennen begann ähnlich wie die beiden vorherigen, denn bei starkem Seitenwind gelang Keller erneut der Sprung in die Spitzengruppe. Allerdings wurde er nach ca. 70 der zu fahrenden 140Km durch zwei Defekte gestoppt und konnte das Rennen somit nicht beenden. „Das ist natürlich sehr bitter, zumal unser Team heute auch zu dritt in der Spitzengruppe vertreten war. Damit wären wir taktisch klar im Vorteil gewesen und wieder um den Sieg mitgefahren. Allerdings denke ich, wir haben hier bisher sehr gut abgeschnitten und freuen uns jetzt auf die Rundfahrt.“ So Keller nach dem Rennen.

Nach 2 Ruhetagen und einem Transfer in die Westsahara startete die Rundfahrt dort. Der in der Wüste nochmals stärkere Wind machte den Fahrern sehr zu schaffen. So war auf der ersten Etappe bis zur Hälfte des Rennens das gesamte Feld zusammen, da keiner der Fahrer zu früh in die Offensive gehen wollte. Das deutsche Team eröffnete dann jedoch mit einigen Attacken das Rennen, um eine erste Selektion herbeizuführen. Eine Spitzengruppe um einen Teamkollegen von Keller konnte sich absetzen. Der Wangener konterte derweil eine Attacke im Feld und schaffte mit zwei weiteren Fahrern noch den Anschluss an die Spitzengruppe. Diese machte dann den Sieg unter sich aus, wobei Keller sich knapp geschlagen geben musste, jedoch als Etappenzweiter ein starkes Ergebnis einfahren konnte.

Stellvertretend für den Sieger, der im gelben Trikot des Gesamtführenden das Rennen bestritt, durfte Keller das grüne Trikot des besten Sprinters tragen. Das Rennen wurde von dem türkischen Team kontrolliert, welches motiviert durch den Etappensieg am Vortag einen Massensprint erzwingen wollte. Auch zahlreiche Attacken des im Gesamtklassement drittplatzierten Südafrikaners wurden verhindert. Im Sprint wurde Keller in der letzten Kurve ausgebremst und musste dadurch den Sprint sofort eröffnen, um wieder Positionen gutzumachen, was dann zu einem 500m langen Sprint führte. Er konnte zwar die anderen Fahrer durch den frühen Antritt überraschen, musste allerdings den Sprinter der Südafrikaner sowie den spanischen Sprinter noch passieren lassen. Durch die Zeitbonifikationen (die ersten drei Etappenplatzierten erhalten jeweils 10, 6, und 4 Sek gutgeschrieben, Anm. d. Re.) konnte Keller allerdings die Führung in der Gesamtwertung übernehmen. „Die letzte Etappe im gelben Trikot zu bestreiten ist ein sehr tolles Gefühl, leider wird jetzt aber von unserem Team erwartet das Rennen zu kontrollieren. Das könnte durch den Ausfall von 2 Kollegen und der Distanz von 160Km aber ein schwieriges Unterfangen werden.“ Musste der Wangener kritisch einsehen.

Durch eine taktisch sehr geschickte Fahrweise konnte das Team „Embrace The World“ aber den zweiten im Gesamtklassement gut platzierten Fahrer in der Spitzengruppe des Tages unterbringen und übertrug damit die Verantwortung der Nachführarbeit auf die Türken und Südafrikaner, welche die Gruppe verpasst hatten. Allerdings erhielten diese unerwartete Unterstützung der marokkanischen Teams und konnten somit die Spitzengruppe kurz vor dem Ziel wieder einholen. Somit kam es erneut zum Sprint einer ca. 15-köpfigen Kopfgruppe. Keller wurde ein Kreisverkehr kurz vor dem Ziel zum Verhängnis, welcher ihm die Innenbahn blockierte. Somit musste der Unionsfahrer seinen Sprint unterbrechen und erneut antreten was dann nur noch zu einem vierten Etappenplatz reichte. Der Etappensieg und durch die Zeitbonifikation auch der Gesamtsieg gingen an den Südafrikaner Gustav Basson. Auch der nach dem ersten Tag im Gesamtklassement führende Türke Bathuan Özgür konnte durch den dritten Platz auf der letzten Etappe und der damit einhergehenden Zeitbonifikation wieder an Keller vorbeiziehen. Somit belegte Keller am Ende den dritten Platz im Gesamtklassement, mit nur vier Sekunden Rückstand auf den Gesamtsieger. Darüber hinaus rutschte er auf den zweiten Platz in der Gesamtsprintwertung ab, wo ihm nur ein Punkt für den Sieg fehlte. „Am letzten Tag einer Rundfahrt den Gesamtsieg zu verlieren ist sehr bitter. Wenn dann aber nur vier Sekunden fehlen, macht es das Ganze auch nicht gerade besser. Zudem dann auch noch wegen nur einem Punkt das Sprintertrikot zu verlieren ist dann der Supergau. Auf der anderen Seite muss ich mich aber auch über die Erfolge freuen, denn damit hätte ich vor der Abreise nicht gerechnet. Auch die Erlebnisse hier waren sehr schön, denn wer kann schon behaupten Radrennen in der Sahara gefahren zu sein.“ Gab Keller dann noch abschließend zu Protokoll.

Die nächsten Auslandseinsätze wird der Schomburger dann im August zuerst auf Guadeloupe und dann in Französisch-Guyane bestreiten.